Googles Geheimnis: Personal als Motor für das digitale Zeitalter
Zweifelsohne ist Google eines der ganz wenigen Unternehmen, das nicht nur das Internet als solches, sondern die gesamte digitale Entwicklung seit 10-15 Jahren massiv mitgestaltet. Wie schafft man das?
Wie gelingt es Google, die 1998 als Suchmaschinen-Neuling auf die Bühne traten, immer mehr im vernetzten Haushalt, bald im Automobil und seit Monaten am Armband vertreten zu sein. Das Geheimnis scheint so einfach zu sein, wenn man Eric Schmidt, Executive Chairman, und Jonathan Rosenberg, ehemaliger SVP of Products, glauben möchte.
Google in Zahlen
Google hat einen Marktwert von 160 Mrd. Dollar und macht 16 Mrd. Dollar Umsatz - natürlich nur im letzten Quartal (Q3 2014). Tendenz: steigend. Seit 16 Jahren ist Google fester Bestandteil der digitalen Entwicklung und man hat den Eindruck, das Unternehmen ist agiler den je. In diesen vergangenen Jahren sind viele Marken in der Versenkung verschwunden und Firmen bankrott gegangen, die einst bekannt und groß waren, während die Suchmaschine in der Zwischenzeit 94,8% Marktanteil in Deutschland und 88% weltweit erobert hat. Einige sind sicher wegen unvorhergesehener Veränderungen oder Krisen untergegangen, aber viele wegen verpasster Maßnahmen, um mit dem Fortschritt und der Konkurrenz mitzuhalten. Vor allem weil die Konkurrenz nicht mehr nur aus der eigenen Branche kommt, sondern ein Startup mit 10 Mitarbeitern sein kann. Oder eben ein Technologie-Unternehmen wie Google, Apple oder Amazon.
Wie hat es nun Google geschafft nicht an Relevanz zu verlieren - mehr noch: seit 2008 in den Top 10 der wertvollsten Marken vertreten zu sein und aktuell auf Platz 2 (Interbrand) bzw. auf Platz 3 (Forbes) oder doch Nummer 1 (Millward Brown) zu sein. Die scheinbar wichtigste Zahl sollte man noch nennen: das Unternehmen hat weltweit 55.030 Mitarbeiter (51.564 bei Google und 3,466 bei Motorola Mobile). Nicht gerade wenig, und doch ist es der Kern, der den Internetgiganten so vital hält.
"How Google Works" bietet Einblicke
Man könnte nun anfangen und über digitale Ökosystem philosophieren, Produkte wie den Chrome Browser oder Gmail analysieren, die technisch höchste Standards liefern und trotzdem kostenlos den Nutzern zur Verfügung stehen, oder über Forschungsaktivitäten zu Autonomen Fahrzeugen oder Robotern nachdenken, was jedoch alles nicht den eigentlichen Antrieb des Unternehmens erklärt.
In dem neuen Buch "How Google Works" beschreiben Eric Schmidt und Jonathan Rosenberg die Entwicklung von Google. Dabei stellt sie relativ deutlich klar, was den Erfolg aus macht:
Nur die besten Mitarbeiter.
Aber Vorsicht: der Mitarbeiter alleine führt noch nicht zum Erfolg. Er muss das richtige inspirative Umfeld haben und sowohl gefördert, wie auch gefordert werden.
Nur die besten Mitarbeiter
Es hört sich eigentlich einfach an, dabei ist es so schwierig und doch so notwendig. Der Gedanke dahinter ist jedoch richtig und wichtig: es geht um Leidenschaft, Kultur und Freiheit. Top-Talente sind in aller Regel top, weil sie mit vollster Leidenschaft einer Vorstellung oder Idee hinterher gehen. Das Interessante an dem Buch von Schmidt/Rosenberg ist die Aussage, keine Spezialisten und "Fachidioten" einstellen zu wollen, sondern eher Generalisten. Oder wie Eric Schmidt es nennet: Smart Creatives. Also was sind nun die besten Mitarbeiter für ein Unternehmen?
Natürlich müssen Mitarbeiter Fachspezialisten sein. Aber eben nicht nur, sondern eine wesentliche Portion Leidenschaft mitbringen, was bewegen und verändern zu wollen. Denn erst die Leidenschaft führt dazu, sich in eine Thematik oder ein Problem reinzudenken. Dabei kann das Problem auch ein völlig fachfremdes sein. So sah einer der Google-Gründer, Larry Page, anfangs Schwierigkeiten mit der Anzeigen-Aussteuerung und stellte seinen Ärger darüber auf dem Schwarzen Brett aus. Einige Mitarbeiter sahen das und lösten das Problem binnen weniger Tage. Dabei waren sie gar nicht vom Anzeigen-Team. Aber sie hatten Lust, den nötigen Sachverstand und Kreativität es zu lösen.
Mitarbeiter fordern. Und fördern.
Oft unterschätzt wird auch die Tatsache, dass viele Vorgesetzte Angst haben, bessere Mitarbeiter einzustellen. Angst überholt zu werden. Viele haben auch Angst, nicht den klassischen Bewerbungskriterien wie Schulabschlüsse, Praktika u.ä. zu entsprechen. Angst, den Falschen geholt zu haben. (Dies wären eigentlich die richtigen Momente, um sich Gedanken über den Vorgesetzten zu machen). Dabei muss der Vorgesetzte sich nicht vor dem Mitarbeiter schützen, sondern vielmehr dafür sorgen, dass dieser seine Arbeit machen kann. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen und ggfs. geschaffen werden, damit sich ein Top-Talent bzw. Smart Creative möglichst auf seine Aufgabe stürzen kann. In vielen Fällen wird leider nur gefordert. Überstunden, Extrameilen, Wochenenden. Die Förderung der Mitarbeiter bleibt dann aus, weil man den Einsatz als Selbstverständlich sieht, der keine weitere Wertschätzung benötigt. Vielleicht Pizza und Bier auf Firmenkosten. Und die nächtliche Taxifahrt nach Hause.
Dass das Gegenteil einen massiv positiven Einfluss ausübt, zeigt der Alltag bei Google. Weltweit erreichen das Unternehmen pro Woche über 75.000 Bewerbungen von Menschen, die unbedingt ein Googlianer werden wollen. Der Suchmaschinen-Anbieter gehört zu den begehrtesten Arbeitgebern - sicher nicht nur aufgrund der Website. Vielmehr haben die beiden Gründer, Sergey Brin und Larry Page, früh erkannt, dass Förderung und Freiheiten essentiell sind, damit Mitarbeiter ihrer Leidenschaft zur Arbeit freien Lauf lassen können.
Schon im Studium sei ihnen das Prinzip aufgefallen, wo sie ein Thema zu bearbeiten, jedoch auch alle Freiheiten hatten, um zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen. So führte Google früh die 20-Prozent-Regel ein, wonach jeder Mitarbeiter 20 Prozent seiner Zeit Projekten seiner Wahl widmen kann. Daraus entstanden viele Produkte, wie z.B. Gmail, die heute zum Erfolg des Unternehmens beitragen und ausschlaggebend dafür waren.
Eine offene und Kreative Unternehmenskultur führt zu besten Ergebnissen
Wird über Freiheiten, offenen und direkten Umgang untereinander gesprochen, muss das direkt zu einer bestimmten - einer offenen und kreativen - Unternehmenskultur führen. Im Gesamtkontext eines Unternehmens gesehen, muss das Ziel sein, dass diese Mitarbeiter involviert werden, Probleme mitbekommen und die Freiheit haben daran zu arbeiten. Ein offener Umgang und die entsprechende Kultur im Unternehmen, die Kommunikation, Diskussion und vor allem Kritik fördert und akzeptiert, bildet somit die Basis für ein innovatives und flexibles Unternehmen. Beteiligt sich jeder Mitarbeiter am Unternehmenserfolg, schafft man es auch wie Google eine hohe Frequenz an Produktneuheiten und Innovationen herauszubringen. Das ist heutzutage eben nicht mehr nur einigen Wenigen vorbehalten, sondern muss Aufgabe, nein, Wunsch eines jeden Mitarbeiters sein. Ein "Director of Innovation" oder "Chief Digital Officer" sind ein Zeichen der Transformation und dürfen auch nur als Übergang gesehen werden. Oft bleibt es leider nur bei dem Versuch, sich an die neuen Rahmenbedingungen der digitalen Neuzeit anzupassen. Werden jedoch diesem Director bzw. CDO nicht die Freiheiten gegen, werden zu dieser Person nicht noch entsprechende Mitarbeiter rekrutiert, wird nicht die passende Kultur vorgelebt, bleibt es bei dem Versuch.
In einem Podcast mit dem Harvard Business Review geben Eric Schmidt und Jonathan Rosenberg einen kleinen Einblick in ihr Buch und in die Grundlagen, wie Google es schafft, mit dem richtigen Personal immer besser zu werden.